Nehm‘ ich sie mit zur Weihnachtsfeier. Weil viele Kollegen ihre Frauen mitbringen. Sitzen wir in einem Restaurant an einer riesigen Tafel. Als Hauptgang gibt es Fleisch und es sind Früchte in der Sauce. Im Fleisch auch. Pflaumen um genau zu sein. Verschrumpelte. Ich habe einfach noch nie verstanden, wer auf die Idee gekommen ist, Früchte mit Fleisch zu kombinieren. Das gehört genauso wenig zusammen wie meine Ex und ich.
Wie auch immer – weil sie immer so langsam ist und ich mich einfach hingesetzt hatte, sitzen wir nicht nebeneinander. Nicht einmal in der Nähe des anderen. Wenn aber jemand diese prunkvollen Wasserkaraffen wegrückt, dann kann ich sie sehen. Ich stochere angewidert auf meinem Teller herum und versuche Fleisch und Pflaume zu trennen. Alle Gedanken und Bilder, die sich mir aufdrängen, wenn ich diese schwarzen Schrumpel-Dinger auf meinem Teller herum schiebe verdränge ich. Erfolglos.
„Schatz?!“ Statt aufzublicken, senke ich den Kopf. Wie dumm von mir. Denn es wird nicht besser. Nur lauter. „SCHATZ!!“ Mein Tischnachbar knufft mich in die Seite. „Ja?“, raune ich über den Tisch zu ihr rüber und die ersten Leute unterbrechen ihre Gespräche. „Willst du meine Pflaume haben?“ fragt sie und alle anderen verstummen jetzt auch. „Was?“ Ich erliege der Hoffnung mich verhört zu haben. „Ob du meine Pflaume willst?“ Ein männlicher Kollege lacht kehlig und sagt meinen Nachnamen. Fragt bedeutsam, ob ich denn die Pflaume meiner Frau nicht haben will. Und ein paar mehr Männer lachen.
„Nein ich … mag keine … also generell keine Pflaumen.“ Alle brüllen und wiehern los. Ich hasse Weihnachtsfeiern. „Ach so? Oh. ICH umso mehr!!“ Sie steht auf und kommt zu mir. Stopft sich die aufgehäuften Pflaumen von meinem Teller gierig in den Mund. Drückt mir (vor allen Leuten) einen nassen, lila-schwarzen Pflaumenkuss auf den Mund, der nach Marmelade und Fleischfetzen schmeckt. Alle sprechen heute noch davon … Von der Pflaume meiner Ex.