Meine Ex hat ein Störgefühl!

Sitz‘ ich am Frühstückstisch, weil ich am Wochenende durchaus auch schon mal frühstücke und mich dazu hinsetze. Naja, es ist kein Wochenende, sondern Urlaub, aber egal. Hab‘ ich eine Scheibe Toast zwischen zwei Fingern und beuge mich über den Tisch, damit ich nicht alles voll tropfe, wenn ich abbeiße – denn ich habe den Toast in meinen Kaffee getunkt.

Kommt sie rein gerauscht und hat die Augen leicht zugekniffen. Daran erkenne ich, dass sie in Gedanken und in einer super wichtigen Mission unterwegs ist. Trotzdem erstarre ich in meiner gebeugten, abbeißenden Haltung, in der Hoffnung, dass sie mich nur sieht, wenn ich mich bewege. So wie bei Mücken. Denn: Ich darf mein Essen eigentlich nicht in mein Getränk tunken! Sagt sie zumindest …

„So, ich muss jetzt mal hier anrufen!“ Sie sagt es so bestimmt, dass der Widerspruch, den ich nie hatte äußern wollen, in meiner Kehle hängenbleibt. Ich beginne mit meinen Lippen ein Stück Toast abzutrennen, um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Mit beiden Augen taxiere ich sie. Chamäleonartig, weil ich ja den Kopf nicht bewege. Hat sie einen Zettel in der Hand mit ganz viel Gekritzel und noch mehr Textmarker. Es könnte ja wirklich was Wichtiges sein, denke ich und lache mich aus. „Hallo, mein Name ist-“ sie verstummt, rollt die Augen und trommelt mit ihren Fingernägeln auf dem Tisch herum. Voll der Feger. „Ja, hallo, ich hätte-“ sie verstummt wieder und ich grunze unverschämt, weil sie zum zweiten Mal ein Tonband mit einem echten Menschen verwechselt hat.

„Ja, hallo. Mein Internet geht nicht.“ Endlich habe ich meinen Toastbrei abgenagt. Betrachte sie kauend. Das Internet geht nicht? War mir gar nicht aufgefallen. Hm. „Doch ist drin. Ja, hab ich gemacht. Weiß ich nicht. Doch, hab ich kontrolliert. Natürlich weiß ich das. Wieso? Nein, hab ich schon versucht. Ok, ich warte.“ „Hast Du den Schalter an Deinem Laptop aktiviert?“, frage ich und sie kneift ihre Augen noch weiter zusammen. Schüttelt mit ihrer Hand nach mir, so als wäre ich die Mücke – und nicht sie. Na gut, dann nicht. „Ja? Wie, Sie können nichts machen!? Wie, es kann nicht sein?! Ja, hab ich alles kontrolliert!“

„Hast Du das WLAN am Laptop aktiviert?“, mische ich mich leise ein. „Doch! Wie, Sie können nichts machen? Nein, nichts ist in Ordnung! Ich hab ein Störgefühl! Sie müssen sich darum kümmern! Ja, aber ich habe ein Störgefühl! Ich bilde mir das nicht ein!“ Betont langsam stehe ich auf und verlasse den Tisch. Ich höre noch ungefähr fünfmal das Wort „Störgefühl“ in verschiedenen Höhen- und Tiefenlagen mit verschiedenem Hysterie-Faktor, während ich tiefenentspannt zu ihrem Laptop gehe um das WLAN zu aktivieren …

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