Bin ich ja offen für alles. Nicht! Aber zeige ich guten Willen, wenn ich in einer Beziehung bin, ja. Aus diesem Grund gehe ich mit ihr in einen Sex-Shop. Klar hätte ich was auch immer auch einfach diskret online bestellen können. Aber sie wäre ja nicht meine Ex, wenn sie die Dinge so sehen würde wie ich.
Stehen wir also in diesem Laden. Hab ich imaginäre Scheuklappen auf. Sehe ich Pärchen ineinander verschlungen da rumschlendern, wie auf einem Weihnachtsmarkt, nur mit anderen Kugeln. Sehe, wie sie dies und das in die Hand nehmen, kichern, knutschen, weitergehen. Würge ich. Vor allem weil ich spüre, wie sie will, dass ich auch will, dass wir so sind. Nee, setz‘ ich mich ja noch lieber mit diesen deprimierend riesigen Dildos auseinander. Glaube ich.
Entdecke ich den Bereich mit den Liebeskugeln. Versuche ich mir vorzustellen, wie man die mithilfe der Beckenmuskulatur in sich behält und bemerke einmal mehr, dass Frauen wirklich rätselhafte Wesen sind. Nicht nur inhaltlich, sondern auch körperlich. Die Kugeln sind ein bisschen wie Golfbälle. Etwas schwerer vielleicht und mit glatter Oberfläche. Zwei solcher Bälle passen bequem in meine Hand. Ich lasse sie drehen. Toll.
„Schatz!“, dröhnt es durch das Geschäft. Fast lasse ich die Kugeln fallen. „Was ist denn?“, frage ich und überspiele meine Genervtheit. „Kannst du mir das hier mit den Bällchen mal machen?“ What?! Ich kann nicht anders, als die Bällchen in meiner Hand anstarren und frage mich ernsthaft, ob es hier Probier-Kabinen – so wie Umkleidekabinen – gibt und ich jetzt dort irgendwas mit ihr testen muss.
„Mein eigenes Bällchen ist immer nur dunkel. Das von den anderen Mädels ist viel heller als meins!“, ruft sie ohne mich zu sehen. Das Wort Bleaching schießt in mein Hirn. Die verliebten Weihnachtsmarkt-Paare schielen zu mir rüber, mit Analstöpseln und Candy-Unterwäsche in den Händen. Fast entschuldigend und in Gedanken sogar errötend lege ich nervös die Bällchen aus der Hand und widerstehe der Versuchung, meinen Zuschauern die leere Innenfläche meiner Hand zu zeigen.
Da kommt sie. Sie hält sich ihr Smartphone vors Gesicht. „Hier guck!“, sagt sie quengelig. „Ich hab ein blaues Bällchen neben meinem Nickname, wie alle Mädels, aber meins wird nicht hell, wenn ich spreche?!“ Ihre scheiß Online-Telefonie! „Schalt halt das Mikro ein!“, zische ich sie unfreundlich an. „Und das sind Kreise oder Punkte neben deinem Nickname! Jedenfalls sind es keine Bälle oder Kugeln. Zumindest nicht hier!“