Endlich da. Nach einem langen Tag „on the road“ sind wir am gebuchten Hotel. Ich muss zugeben, so ein Road Trip durch die USA ist doch nett! Landschaftlich überzeugt mich das Land sehr. Trotzdem sind die Tage im Auto auch anstrengend und ich freue mich, dass der Check-In schnell vonstatten geht. Sie hält unsere Schlüsselkarten für das Zimmer in der Hand, als wir zum Aufzug gehen. „Moment“, schreit sie plötzlich fast hysterisch und lässt mich vor dem sich gerade öffnenden Aufzug stehen. Ich sacke in mich zusammen und seufze. Was ist jetzt schon wieder?
Um die Ecke herum höre ich Wortfetzen wie „WiFi“ und „password“. Internet! Ihr scheiß, verdammter Instagram-Account! Ich will einfach nur unter die Dusche! Als ob das jetzt sein muss! Eine Großfamilie befüllt den gesamten Aufzug, bevor sie strahlend um die Ecke geschlendert kommt: „Alles klar, ich musste nur schnell das Internetpasswort erfragen. Meine Follower warten sicher schon auf neue Bilder!“Ich unterdrücke diverse Kommentare und versuche den Aufzugknopf zu beschwören oder hypnotisieren. Endlich! Ab in den vierten Stock, ab unter die Dusche. Endlich ein paar Minuten Entspannung und Ruhe.
„Schatz, Mann!!! Verdammt! Ich krieg’s nicht hin!“ Ich erstarre, als ich mir gerade mit beiden Händen durch die Haare fahre und das heiße Wasser auf meinen Kopf prasselt. Sie reißt den hellen Duschvorhang zur Seite und der heiße Wasserdampf, der mich gerade noch umgeben hat, entweicht. Ich hasse, dass ich nicht mal in Ruhe duschen kann, ohne dass sie mich mit ihren First-World-Problems nervt. Sie hat ihr Smartphone in der Hand. „Ich komm‘ nicht ins Internet! Das Ding sagt immer, das Passwort sei falsch. Ich hab aber extra nochmal unten angerufen, alles stimmt. Der Hotelname und eine Eins dahinter. Schatz, ich muss online!“
Meine Hände habe ich inzwischen genervt fallen lassen und sehe sie genervt an. Ich frage, ob das nicht warten könne und werde mit einem „Nein, natürlich nicht! Meine Follower!“ angekeift. Also gut. Ich frage, ob sie ganz sicher alles richtig eingegeben hat. Auch den Hotelnamen. Sie bejaht. Da sie keine Anstalten macht zu gehen, beende ich mein kurzes Duscherlebnis und binde mir ein Handtuch um. Ich nehme ihr Smartphone, setze mich aufs Bett und sehe mir an, was sie eingegeben hat, als sie vorsichtig fragt: „Muss ich die Eins eigentlich amerikanisch oder deutsch eingeben?“ Ich erstarre erneut: „Bitte was?“ Sie wiederholt die Frage und aus mir platzt heraus: „Wie um alles in der Welt willst Du eine amerikanische Eins eingeben? Was soll das überhaupt sein?“ Ihr Blick wendet sich gen Boden und ich vermute, dass sie in dem Moment versteht, dass ihr Gerede keinen Sinn macht: „Na die Amerikaner schreiben die Eins ja nur als geraden Strich, nicht wie wir, also hab ich ein kleines „L“ als amerikanische Eins eingegeben … Kann es daran vielleicht liegen? Weil ich doch die deutsche Eins eingeben muss?“ Ich werfe ihr Smartphone wortlos aufs Bett und verschwinde erneut unter die Dusche – diesmal schließe ich ab.